Weitramsdorf
Der Name Weitramsdorf setzt sich vermutlich zusammen aus dem Namen „Wituram“ bzw. „Uuituram“ (einem fränkischen Namen) und „-dorf“, also einer kleinen Ansiedlung von Häusern. In unmittelbarer Nähe von Weitramsdorf bestand einstmals eine weitere Siedlung: Sigardsdorf. Auch hier ist der Ortsname mit einem fränkischen Personennamen verbunden. Möglicherweise hat es diesen Wituram in das hiesige Gebiet geführt, woraufhin eine Siedlung begründet wurde.
Geschichtliche Funde lassen vermuten, dass das Weitramsdorfer Gebiet lediglich als Durchzugsgebiet zwischen Coburg (Trufalistat) – Ummerstadt - Heldburg sowie zwischen Tambach – Wiesenfeld – Lange Berge genutzt wurde (möglicherweise im 9. Jh.). Erst später kam es zu Ansiedlungen an diesem Wegkreuz.
Urkundlich belegt werden kann der Ortsname erst um das Jahr 1177 herum als „Witramesdorf“. In den sächsisch-coburgischen Urkunden erscheint später der Name „Weitterstorff“. Diese Bezeichnung findet sich auch in der bis in die heutige Zeit erhaltenen Aussprache wieder.
Im Verlauf des 12. Jahrhunderts gelangte Weitramsdorf an die Herren von Kalwenberg, die ihren Sitz auf der Burg Kalwenberg (heute Schloß Callenberg) hatten. Diese besaßen auch verschiedene Güter und Einkünfte aus der Gerichtsbarkeit zu Altenhof und Neundorf. Später wurde Weitramsdorf durch das Kloster Langheim sowie das Haus Henneberg-Schleusingen verwaltet. Aus der Zeit Anfang des 15. Jh. sind die ältesten Lehensreverse und Lehensbriefe erhalten, die das Gebiet Weitramsdorf, Schlettach und Gersbach betreffen. Urkunden, in denen Einzelpersonen mit Gütern aus diesen Ortschaften durch das Kloster Langheim belehnt wurden. Durch Verkauf, Erbfall oder Schenkung erhielt Weitramsdorf immer wieder andere Lehnsherren. Die Zehntabgaben der Bevölkerung waren zahlreich, vor allem auch weil verschiedene Herren in ein und demselben Dorf Zehntrechte besaßen.
Für die zweite Hälfte des 16. Jh. ist eine Zunahme der Bevölkerung zu vermelden. Dies geht aus den sogenannten Harnischbüchern hervor, in denen die Ausrüstung der namentlich genannten wehrfähigen Männer genannt werden. So lag die Bevölkerungszahl anfangs des 30jährigen Krieges wohl bei ca. 150 Personen und war damit die 6.größte Ortschaft im Gericht Rodach.
Im 1. Viertel des 17. Jh. wurden eine Kirche und eine Schulstelle in Weitramsdorf errichtet. Man wollte wohl dadurch vor dem kleineren Pfarrdorf Schlettach als sichtbar größer erscheinen.
Im Verlauf des 30jährigen Krieges durchzogen immer wieder verschiedenste Heere das Weitramsdorfer Gebiet. Der große mehr oder weniger verheerende Schlag scheint in der 2. Hälfte des Jahres 1634 erfolgt zu sein. So brechen die Eintragungen im Schlettacher Kirchenbuch schlagartig ab. Schlettach und Gersbach waren Anfang 1636 wohl total zerstört. Zeitweise waren in Weitramsdorf nur noch zwei Haushaltungen bewohnt. Nachdem die Schlettacher Pfarrkirche zerstört war, lag es nahe, die Weitramsdorfer Kirche als Pfarrkirche zu nutzen, als Sitz für die Pfarrgemeinde Weitramsdorf – Schlettach – Gersbach.
Am 24. Juni 1803 wurde durch Auflösungsbeschluss die 670jährige Geschichte des Klosters Langheim beendet. Die Weitramsdorfer waren somit nur noch Untertanen des Herzogtums Sachsen-Coburg.
Zum 1. Juli 1869 wurden die Gemeinden Gersbach und Schlettach in die Gemeinde Weitramsdorf mit all ihren Besitzungen übernommen.
Zwischen 1871 und 1918 wandelte sich das landwirtschaftlich geprägte Weitramsdorf - die Industriealisierung begann. Zum Einen entwickelte sich die Korbflechterei zu einer „Hausindustrie“, später kam die Möbelfabrikation hinzu. Die Korbflechterei begann mit dem Zuzug der Gebrüder Geißhardt aus Großgarnstadt einem Ortsteil des damals bereits bestehenden Korbmacherzentrums. In den Wintermonaten halfen die saisongebundenen Arbeiter, wie Maurer oder Tagelöhner beim Korbflechten aus. Im Laufe der Zeit wurde hieraus ein neuer Beruf und damit ein neuer Erwerbszweig für die ganze Familie. Während des 1. und 2. Weltkrieges erreichte dieser Berufszweig seine größte Ausbreitung. Später entwickelte sich hieraus die Polstermöbelindustrie.
Der Grund für die Möbelfabrikation lag zunächst im Holzreichtum um Weitramsdorf begründet. Der Schreinermeister Michael Albrecht gründete 1876 eine Schreinerwerkstätte zur Herstellung von Möbeln. Hieraus entwickelte sich im Laufe der Jahre die Möbelfabrikation Albrecht Möbel, die lange Jahre das Ortsbild von Weitramsdorf prägen sollte.
Die Teilung Deutschlands ging auch am Weitramsdorfer Gebiet nicht spurlos vorüber. So wird im Frühjahr 1963 auf östlicher Seite der Wald auf einer Tiefe von 80 bis 100 Meter abgeschlagen und vernichtet. Gersbach war jetzt der letzte Ort vor der Grenze zur DDR. Eine Weiterfahrt nach Ummerstadt war damit nicht mehr möglich.
Das einst im sumpfigen Umland gelegene Weitramsdorf vergrößerte und erneuerte sich derweil beständig. In den Jahren 1969 bis 1972 wurden die Orte Altenhof, Tambach, Hergramsdorf und Neundorf eingemeindet. Mit der Eingemeindung von Weidach im Jahre 1978 ist die jetzige Großgemeinde Weitramsdorf entstanden. Es wurden neue Schulhäuser, Gemeindehäuser und Kirchgebäude sowie ein Freibad und später ein Ozon-Hallenbad gebaut.
Inzwischen hat in Weitramsdorf erneut der Wandel Einzug gehalten. Seit dem Jahr 1989 ist die Grenze zur DDR Geschichte. Die Wiedervereinigung wurde von Weitramsdorf und Ummerstadt gleichermaßen gefeiert. Die Nachbarn sind wieder vereint und gehören mittlerweile beide der Initiative Rodachtal an.
Die Korbflechterei wurde aufgegeben. Die Firma Albrecht Möbel existiert nicht mehr. Das Ozon-Hallenbad wurde in ein funktionelles Feuerwehrhaus umgebaut. Einige kleine Gewerbebetriebe sind nach wie vor vorhanden. Weitramsdorf ist mittlerweile mit all seinen Ortsteilen eine Wohnsitzgemeinde geworden, deren Anwohner überwiegend in die nahegelegenen Städte zum Arbeiten pendeln. Eine Gemeinde mit regem Vereinsleben und einer Grundschule, an der Inklusion gelebt wird. Der Umbruch in die moderne Zeit ist in vollem Gang.